Montag, 7. Februar 2022

Zechprellerei für Anfänger

Udon Thani, Thailand. Jahr 2011.

Müde und erschöpft glotzte ich die sandige Straße entlang, die sich weitläufig und gradlinig bis zum Horizont erstreckte.
Wie lange wartete ich hier bereits? Oder viel wichtiger: wie lange musste ich noch warten? Auf meiner hohen Stirn brutzelte es.

Wasser.

Ich kramte meine Flasche aus dem Rucksack und trank einen Schluck kochendes Wasser, dass sich heiß und kratzig seinen Weg durch meine Speiseröhre ätzte. Mit ein paar weiteren Tropfen löschte ich elegant meine brennenden Haare, die unter der sengenden Mittagssonne Feuer gefasst hatten. 
No Problemo.
"Wenigstens habe ich noch Wasser", dachte ich mit dem Anflug eines süffisanten Grinsens und starrte auf das in sich zusammengesackte Skelett neben mir. Doch es war nur eine Frage der Zeit, bis ich so enden würde wie mein knochiger Freund hier... Nur eine Frage der Zeit...

Um mich herum standen ein paar trostlos dreinblickende Farangs. Ausgetrocknete, menschliche Hüllen mit riesigen Nasen, aus deren Augen sämtliche Hoffnung bereits lange erloschen war. Nur die traurigen Moll-Töne einer Mundharmonika konnten die Gesamtstimmung etwas erheitern. So fristeten wir unser Dasein, die wir in dieser thailändischen Wüste gemeinsam gestrandet waren. 

Auf uns gestellt. Hilflos...

Eine Frau wimmerte laut auf und weinte vor Verzweiflung, doch aus ihren Tränendrüsen kam nur zischend heißer Dampf.
Es gab keinen Rückzugsort. Lediglich die Geier, die über uns kreisten, spendeten hin und wieder kostbaren Schatten in dem sich meine empfindliche Haut - wenn auch nur für den Bruchteil eines Augenblicks - erholen konnte.. 
Qüäääääärggg machten die Geier. Quäääääääääääärggg!!!
Mein Blick fiel auf einen älteren Herren, der deprimiert mit dem Zeigefinger auf seine Armbanduhr klopfte. Beinahe so als könne er die Zeit somit beschleunigen. 

"Entschuldigen Sie, können Sie mir sagen wann der Bus nach Vientiane kommt?" hustete ich hervor, doch als ich ihm auf die Schulter tippte zerfiel er bereits zu Staub. Die sengende Hitze Udons hatte ein weiteres Opfer gefordert. 
Doch der Bruch der Stille durch meine krächzende Stimme blieb nicht ungehört und hatte die Aufmerksamkeit eines Mannes gewonnen, der sich nun langsam und humpelnd auf mich zubewegte. 
Klock, klock, machte das Holzbein. Klock, klock! 
Er kam vor mir zum stehen.

"Warst du auch im Bus von Bangkok hierher?" fragte er mich.
"Ja", antwortete ich ihm. Ich meinte mich an sein wettergegerbtes Gesicht erinnern zu können.
"Holprige Fahrt, was?"
Holprig?, dachte ich und erinnerte mich daran, dass ich die meiste Zeit der Fahrt unter der Decke geklebt hatte.
"Glich eher einer stürmischen Bootsfahrt auf hoher See würde ich sagen."
"Stimmt sehr genau." sagte der Mann.
"Und ich weiß, wovon ich spreche. Ich bin Tom. Captain Tom. Freut mich dich kennenzulernen."
Er hielt mir eine scheinende Hakenhand hin. Ich ergriff das glühende Metall und schüttelte drauf los, ohne mir etwas anmerken zu lassen. 
"Freut mich."
Mit der freien Hand kramte er ein kleines Päckchen aus seiner Tasche hervor.
"Zigarette?" fragte er.
"Bingo", bestätigte ich in der Annahme, dass er vielleicht auch Glasaugen hatte. 
"Willst du eine?"
"Immer."
Ich steckte mir die Zigarette in mein pappiges Maul, wo sie sich sofort von selbst entzündete.  Gemeinsam standen wir da und qualmten, während irgendwo am Horizont endlich die Silhouette eines Busses Gestalt annahm.
"Das sollte unser sein." sagte Tom, als der Bus mit geschmolzenen Reifen vor uns zum Stehen kam.

Dann stiegen die letzten Hinterbliebenen ein und die Reise über die Grenze nach Laos begann...

Tja und genau so (oder so in etwa) wurde am Rande der Welt in der flammenden Hitze Udon Thanis eine neue Freundschaft geschmiedet. Die Freundschaft zwischen Captain Tom Burland und mir.

Jetzt fragt sich der ein oder andere Leser natürlich (völlig zurecht), wohin ich überhaupt unterwegs war an jenem Tag. Was verschlug einen jungen Knappen wie mich in solch fremde Gefilde?

Wie ich vielleicht schon in einigen Geschichten zuvor erwähnt habe (aber vielleicht auch nicht, keine Ahnung) wurde ich in Thailand nur geduldet, weil ich ein Touristenvisum besaß und extrem cool war. 
War das Visum in Kombination mit meiner Freiwilligenarbeit kompatibel und koscher? 
Eeeeehm... nein. 
Aber natürlich war der Begriff "Arbeit" in meinem Fall auch sehr dehnbar. 
SEHR, sehr dehnbar.
 
Egal, 90 Tage Aufenthalt bekam ich mit meinem Touri-Visum, und selbst die ambitionslosesten Mathematiker unter euch können vielleicht ausrechnen, dass diese Zeitspanne für ein gesamtes Jahr nicht so ganz genügt. Deshalb hieß es dann alle 3 Monate: 
Koffer packen; Das nächstbeste Land raussuchen; Dieses Land bereisen; Die thailändische Botschaft dort aufsuchen; Sich halbwegs vernünftig anstellen; Ein neues Touri-Visum beantragen; Wieder nach Thailand reisen. 
Rinse and repeat. 

Das ganze nennt man dann einen "Visa Run", nur das keiner der beteiligten rennt, sondern sich alle arschlangsam von A nach B bewegen, damit arschlangsame Behörden deine Dokumente abhandeln, damit man dann anschließend arschlangsam wieder zurück von B nach A konnte. 
Aus Chiang Mai im Norden Thailands bot sich Laos von der Entfernung her am ehesten an.

Aber genug mit den langweiligen Hintergrundinformationen.

Von Udon Thani war es noch ein ganzes Stück bis an die laotische Grenze und so kamen Tom und ich natürlicherweise ins Gespräch. Er erzählte mir warum er nach Vientiane wollte, und ich erzählte ihm warum ich dorthin wollte und - oh Wunder - wir stellten fest, dass wir aus dem gleichen Grund unterwegs waren. So wie wahrscheinlich 99% der anderen Rosinen - ich meine Fahrgäste.
Wir plauderten den ganzen Trip über und Tom tischte mir eine Seemanslüge nach der nächsten auf, die ich ihm alle naiv nickend abkaufte. 
Plötzlich war er kein Yacht Kapitän mehr, wie er es anfangs behauptet hatte, sondern britischer Agent in geheimer Mission. Zum "Beweis" ließ mich ganz kurz einen Blick auf die 6 Reisepässe erhaschen, die er im Rucksack hatte. 

"Warum hast du so viele Reisepässe?" fragte ich ihn.
"Das sind alles falsche Pässe um meine Identität zu verbergen. Hat mir der Geheimdienst gestellt. So komm ich problemlos in jedes Land der Welt, aber sag's nicht weiter oder ich müsste dich töten."
"Aha. Schade dass die dir kein Visum reingeklebt haben", sagte ich und dachte mir dass es viel cooler sei, wenn er Grenzschmuggler wär.

Dann war er plötzlich doch wieder Kapitän und erzählte mir, dass seine Super Yacht, auf der er exklusive Luxustouren für reiche Schnösel anbot, wohl einst dem schwedischen Kronprinzen oder so ähnlich gehört hatte, und es die einzige verbliebene ihrer Art weltweit war. Jetzt cruiste er damit quer durch den Golf von Thailand.
Als ich ihn daraufhin fragte, ob ich jemals auf diese Yacht könne belächelte er mich nur mitleidig und wechselte zügig das Thema. 
Welche seiner Geschichten ich nun glauben konnte, und welche nicht, wusste ich nicht. Tom war definitiv ein komischer Kauz, aber ein sehr sympathischer.

"Glaube niemals einem Seemann!" sagte er dann augenzwinkernd, als mein Kopf anfing zu qualmen.
"Glaube niemals einem Seemann!", krächzte der Papagei auf seiner Schulter, denn Tom war auch Pirat.
Auf jedem Schiff was schwimmt und schwabbelt, gibt's einen, der dämlich sabbelt.

Naja, wenigstens wisst ihr, dass ihr zumindest mir alles glauben könnt, was ich euch erzähle. 

Jedenfalls lachten wir viel und verstanden uns echt gut, der alte Brite und ich, also beschlossen wir im Zuge dessen gemeinsam den Weg zur thailändischen Botschaft zu bestreiten. Immerhin saßen wir ja im gleichen Boot... Sorry... Bus.
Nach einem zähen Grenzübergang und ein paar Stunden später erreichten wir dann endlich die Botschaft. Doch es bahnte sich ein Problem an:
Etwa Einemillionvierhundertfünfundsiebzigtausendachthundertneununddreißig Menschen standen da  am Eingangstor und bildeten eine Schlange, die so lang und war, dass man sie vermutlich vom Weltall aus sehen konnte. Und es war nicht die Schlange zum Jungsklo. 
Brav stellten wir uns hinten an und spielten wieder Kaktus. Brutzzzzzz-
Aber es war zu spät... die Schließzeit nahte.
Selbst mein extrem gutes Aussehen und mein unwiderstehlicher Charme konnten die militanten Mitarbeiter nicht davon überzeugen, uns da am gleichen Tag noch irgendwie zwischenzuquetschen. Das einzige wo man uns zwischenquetschte war die Ausgangstür, als man uns rausschmiss.
"Kommt morgen wieder!" 
"Kommt ihr doch wieder!", bellte ich als Tom mich am Kragen wegzog.
"Das tun wir auch!"
"Na umso besser!"

Toll. Und nun?

"Bleib entspannt, ist doch alles kein Problem", sagte Tom, dem es völlig egal zu sein schien. "Dann bleiben wir halt einen Tag länger."
"Überhaupt kein Problem", wiederholte ich und zählte nervös die letzten Pfennig in meiner löchrigen Hosentasche - nicht vorbereitet auf die extra Nacht die ich würde bezahlen müssen. Aber was blieb mir für eine Wahl? 
Selbstverständlich war es "kein Problem" für den Kapitän einer Super Yacht, aber für einen Tagelöhner und armen Tunichtgut wie mich? 
"Lass uns was essen gehen und einen saufen." schlug er munter vor.
Erneut grabschte ich nach dem Geld in meiner Tasche und konnte mir ausrechnen, dass es gerade so für Reis mit Ketchup reichen würde. Vermutlich nicht die Art Küche, an die Tom in diesem Moment dachte.

Doch der Magen knurrte unüberhörbar.
Speisen, du brauchst Speisen, flüsterte der hungrige Hugo in mir.
DURST! Du hast DURST! schrie mein innerer Don Promillo.

"Hier soll es gute Straßenlokale geben. Magst du Reis mit Ketchup?"

Wenig später fand ich mich wieder in einem französischen Restaurant mit einer vollen Karaffe Rotwein auf dem Tisch. Exquisit
Es gab auch was zu essen, aber das war Nebensache. Captain Tom fühlte sich in der Pflicht mich einzuladen, und wer bin ich schon um das Pflichtbewusstsein anderer Leute zu hinterfragen? Das nennt sich "Respekt zollen". Und ich respektierte selbstverständlich jede Karaffe, die fortwährend an den Tisch geflogen kam. 

"Voilà, le vin de province" sagte der freundliche Kellner.
"Bonjour baguette, je m'appelle le fromage", bedankte ich mich und riss die nächste Karaffe an mich, während die Gäste begeistert jubelten.

Nachdem ich es mir auf Kosten Toms wie ein Schwein habe gutgehen lassen war es an der Zeit eine angemessene Unterkunft zu suchen. Wir kehrten in einem kleinen billig Hotel ein und jeder bekam seinen Zimmerschlüssel. Während der Captain immer noch mit seinen Reisepässen an der Rezeption jonglierte um seine vermeintliche Identitätskrise zu bewältigen, nahm ich meine Tasche und verabschiedete mich für ein Ausnüchterungsnickerchen.
"Bis nachher."

Soll der Abend nur kommen, dachte ich mir und machte mich lang. 

Und der Abend kam. 
Als Tom an meiner Tür klopfte um mich abzuholen war ich schon längst bereit und quietschfidel. Wir liefen durch die Stadt und bestaunten dieses und jenes. Schöne Gebäude im französischen Kolonialstil ragten empor, dicht an dicht natürlich mit den typischen asiatischen Tempeln, die man auch in Thailand bestaunen kann. Dieses und jenes halt. Wenn ihr mehr wissen wollt, lest woanders nach.
Irgendwo spielte gute Live Musik die uns letztendlich in ihren Bann zog, und wir folgten dieser bis wir die Quelle (allen Übels) schließlich fanden. Was für ein Eindruck! Ein Restaurant mit edlem Vorgarten, einer Bar, zwei Etagen und sehr elegant gekleideten Menschen. 
Kurz und knapp: meiner würdig. 
Wir setzten uns an einen Tisch als auch schon ein laotischer Kellner in einem weißen Hemd lächelnd zu uns hinüber schwebte. Er reichte uns die in Büffelleder gebundenen Speisekarten und verneigte sich.
Ohne auf den Preis zu achten wurde wild drauf los bestellt. Es gab feinsten Rotwein und feinste Rippchen noch und nöcher. Exquisit! Dazu ein paar Bierchen. Bonjour! 
Wir tauschten Geschichten aus während das hervorragendste Quintett des Landes nur für uns auf den feinsten Mahagoni Instrumenten liebliche Klänge musizierte. 

"Le Vin!" Wieder flogen die Karaffen. 
"Le Bier", Es segelten die Flaschen.
"Le Klo!"

Exquisit! 
Ein paar Promille und fragwürdige Geschichten später beschlossen wir uns dann allmählich dazu weiterzuziehen. Es gab schließlich so viel zu sehen, und wann würde man schon jemals wieder die Gelegenheit haben, Vientiane zu bereisen!? (Korrekt, in 90 Tagen.)

Der Captain hatte natürlich verstanden, dass ich nicht in Geld schwamm. Oder besser gesagt: dass ich wie ein Stein in den Mariannengraben versank. Also tat er das nobelste, was ein Kapitän nur tun konnte, und schmiss mir einen imaginären Rettungsreifen zu. Kurz gesagt: er wollte die Rechnung begleichen. 

"Ich geh draußen eine rauchen und warte da, ok?" sagte ich um der Schmach zu entgehen.
"Mach das, ich kümmere mich um den Rest hier", sagte Tom.

Ich stand an der Straße und schaute besoffen in die Sterne. Wie komisch es doch manchmal sein konnte. Im einen Moment trank man noch das  Kondenswasser von Bananenblättern, im nächsten saß man im Restaurant und trank Wein wie König Louis XIV. 
Etwa fünf Minuten verstrichen. Ich stampfte gerade meine Zigarette in den Boden, als Tom entspannt aus dem Restaurant geschlendert kam.

"Alles klar, wir können los."
"Aye aye, Capitano!"

Gemeinsam liefen wir in Richtung des Mekong Flusses, an dessen Ufer sich etliche Bars und Restaurants befanden, die nur darauf warteten von uns leergesoffen zu werden. Obwohl ich wusste, dass der Captain wahrscheinlich nicht durch mich am finanziellen Ruin kratzte, wollte ich trotzdem in angemessener Weise meine Dankbarkeit zum Ausdruck bringen.

"Hey Tom."
"Hm?"
"Ich wollte mich bedanken für alles. Die Einladung und so - das war sehr edel von dir."
Er lächelte.
"Ist doch nichts dabei, dafür haben wir doch eine gute Zeit. Das ist es erstens wert, und zweitens tut es mir nicht weh. Ich bin erfolgreicher Kapitän einer royalen Super Yacht und du bist... du bist... ein witziges Kerlchen, ja? Also Win-Win würde ich sagen."
"Danke... Trotzdem fühle ich mich etwas unwohl.", log ich.
"Brauchst du nicht" sagte Tom und klopfte mir freundschaftlich auf die Schulter. 
"Wie hoch kam die Rechnung?"
"Kann ich dir nicht sagen."
"Komm schon."
"Kann ich wirklich nicht. Ich verrat dir was: Ich hab nicht bezahlt. Hat mir einfach zu lange gedauert. Also gibt es auch keinen Grund sich unwohl zu fühlen, oder? Verbleiben wir doch so." Beschwichtigte er mich.
"Na schön, dann behalte deine Geheimnisse doch für dich du alter Lügenbaron." sagte ich und beließ es dabei. 
Es war ja letztendlich auch egal. Tom genoss es aus seiner Persona ein Geheimnis zu machen, also wollte ich ihm das nicht nehmen. Zumindest solang er noch liquide war.

Die Nacht war klar und das Wetter angenehm und mild. Wir erreichten den Mekong und schlenderten ganz entspannt die bunte Promenade entlang. Eine einladende Bar jagte die nächste. Tuk Tuks rasten an uns vorbei, Menschen lachten und überall dudelte Musik. Wir pfiffen fröhlich vor uns hin und genossen den Spaziergang. Aber wir alle kennen ja das alte Sprichwort: 

"Nach dem Essen sollst du laufen, und dann noch 10 Biere saufen" 

Und weil wir uns nicht entscheiden konnten in welche Bar wir gehen sollten um zehn Biere zu saufen, statteten wir einfach allen einen Besuch ab. Also nicht allen, aber so drei bis vier. Oder nur zwei, ich weiß es nicht, jedenfalls mehr als eine und weniger als fünf. Es ist lange her, OK? Schreit mich nicht an.

Die Zeit verging wie im Flug und der Abend nahm so richtig an Fahrt auf.

Natürlich kann ich mich nicht an jedes Wort oder jede Konversation erinnern, die wir damals führten. Irgendwann verschwimmt alles, und der stetige Fluss von Alkohol zu jener Zeit war vielleicht nicht gerade hilfreich, aber eine Sache ist ziemlich detailliert hängen geblieben und deshalb möchte ich sie euch nun wahrheitsgemäß schildern. 
In kursiv natürlich, um es immersiver zu gestalten. Also schließt eure Augen und hört mir zu.

...aber besser ist es, ihr lest:

Wir standen wankend am Straßenrand, der Captain und ich, und zelebrierten den Augenblick. Zwei Männer, denen die Welt zu Füßen lag. Wie erstaunlich schön das Leben doch sein konnte. Ich nahm mein Glas voller Elan vom Tisch, verschüttete dabei die Hälfte, und genehmigte mir einen eiskalten Schluck Bier. Herrlich, köstlich, erfrischend. 
Es wehte eine angenehm leichte Brise. 
Hier, so nah am Wasser, störte selbst die Hitze nicht, die sich sonst wie eine Decke über die glühende Stadt legte. Ein Gefühl der kompletten Zufriedenheit breitete sich in mir aus. 
Ich sah mich um und versuchte mich sämtlichen Wahrnehmungen hinzugeben, die zeitgleich meine Sinne umspielten. Ich lauschte den Stimmen um mich herum, die in verschiedensten Tönen und Zungen miteinander sprachen und lachten. Ich konnte nicht jedes Wort verstehen, aber ich fühlte die Energie der Menschen, und ich verstand, dass es die selbe Energie war, die auch mich in diesem Moment durchströmte und ein Teil des Ganzen werden ließ. Auf der Wasseroberfläche des Mekong spiegelten sich die Leuchtreklamen der Stadt, und verwandelten den ansonsten ruhigen Fluss in ein magisches Lichtspiel. Die Gerüche verschiedenster Spezialitäten vereinten sich und bildeten einen riesigen, kulinarischen Furz. Ich schloss die Augen und atmete tief ein. Der Moment war nahezu perfekt. Einer jener Momente, der nicht mal durch einen wütenden, lauthals schreienden Engländer ruiniert werden konnte.

"Ihr F****N!" schrie ein sehr wütender Engländer lautstark irgendwo in der Nähe und ruinierte den Moment. Er stürmte mit einem Affenzahn über die Straße. Ein zweiter, noch wütenderer, lauter grölender Engländer folgte ihm. 
Ich wurde aus meiner kleinen Trance gerissen.
Hoppla! schmunzelte ich in mich hinein. Da hat wohl jemand was verzapft
Gespannt beobachtete ich die beiden und folgte ihrem Kurs. Die Menschenmenge, die gerade noch so friedlich miteinander stand und Kumbaya gesungen hatte, wich zur Seite wie ein Schwarm Fische, der von einem Hai durchkreuzt wird. 

"F****N!" schepperte es erneut etwas lauter. 
Belustigt stieß ich Tom in die Seite.
"Den Ärger möchte ich nicht haben, hehe." Ich schaute hinüber zum Tuk Tuk in dem die beiden mit Highspeed vorgefahren waren. 
Da saß noch jemand, aber es war kein Englänger. Es war ein laotischer Kellner mit weißem Hemd. 

Momentchen - es war DER laotische Kellner im weißen Hemd. Flashbacks. WUSH!
"Le Vin! Le Bier! Le Rippen mit BBQ Sauce!" 
Mir klappte die Kinnlade runter und Toms Augen weiteten sich alarmierend als der Ärger plötzlich direkt vor uns zum Stehen kam - Bonjour!

"Ihr scheiß F****N kommt in MEIN Restaurant, trinkt MEINEN Wein, fresst MEIN Essen und VERPISST euch einfach OHNE ZU ZAHLEN!!! WAS GLAUBT IHR WER IHR W*CH*** SEID?!?!" 
Es donnerte.
"Augenblick - " begann Tom.
"WIR SIND DURCH DIE GANZE V*RF*CKT* STADT GEFAHREN UM EUCH ZU FINDEN!!"

Ich war Fassungslos. Fassungslos darüber, dass die zwei netten Herren scheinbar stundenlang mit dem Tuk Tuk durch die Stadt gefahren waren, um uns dann TATSÄCHLICH in der Menschenmenge vor einer unscheinbaren Straßenkneipe zu FINDEN!  (Ich meine wie groß waren die Chancen? Verflucht sei mein gutes Aussehen!)
Aber noch fassungsloser war ich, weil es bedeutete, dass Tom ausnahmsweise mal die Wahrheit erzählt hatte, als er in aller Seelenruhe aus dem Luxusrestaurant gelatscht kam, nachdem er dort völlig tiefenentspannt die Zeche geprellt hatte.

Nun ging es uns so richtig an den Kragen. 

"Leute...", versuchte Tom es erneut um die Situation zu schlichten?
"NICHTS LEUTE! IHR SCHEIß *RSCHL*CH*R!!! 
Der Schreihals war Tom ganz Nahe und brüllte ihm direkt ins Gesicht, während der andere sich mit einem Berserker-Schrei das T-Shirt von der Brust riss. Ein Raunen ging durch die Menge um uns herum, dann folgte eine Laola-Welle. Olé!

"F****N!!", wiederholte sich der rotköpfige Brite und besprühte Tom mit Spucke.

Das war zu viel. Genug war genug. NIEMAND beleidigt uns derart! All die Jahre Tae-Kwon-Do Training kamen zu mir zurück. All die Lektionen meines koreanischen Trainers Mehmet in der Sportschule am Westphalweg waren wieder da. Meine Muskeln wussten instinktiv, wie sich sich verhalten mussten. In alter Perfektion machte ich einen Ausfallschritt nach hinten, holte Schwung und verpasste dem Hünen vor mir einen Roundhouse-Kick genau in die Kauleiste. KNIRSCH!! 
Aber Nein!
Erschrocken stellte ich fest, dass mein Tritt das Gebiss des Engländers sogar aufgewertet hatte, und dieser nun hübsch lächelnd und mit mehr Selbstbewusstsein denn je nach mir ausholte. 
"HYAAAA!!!"
Ich duckte mich gerade noch rechtzeitig nach unten, und er kam ins Schwanken. 
Tom erkannte sein Opening. Im Bruchteil einer Sekunde schraubte er sein Holzbein ab und zog es meinem torkelnden Angreifer über den Schädel. RUMS! Olé!!! Bonjour!

"F**********N!!!"

Der Schreihals wollte seinen Kumpel auffangen, doch da schepperte es schon erneut. 
KAPOW! 
"Sag Hallo zu meinem Freund, Mr. Haken!" rief Tom und beendete den Kampf mit einem Schlag auf die Nase, der durchs gesamte goldene Dreieck hallte. Ding, ding, ding, Gute Nacht!

So zumindest hätte ich die Geschichte als Seemann erzählt. 
Ach, ihr wollt die Wahrheit?

Na schön:
Captain Tom und ich standen kleinlaut in die Ecke gedrängt und ließen uns vor der versammelten Menschentraube heftig zusammenscheißen. Und das eigentlich völlig zurecht, wie ich bis heute finde. Eine deftige Beleidigung folgte der nächsten. Brav standen wir da und ließen es über uns ergehen. 
Ja, Sir. Es war falsch, Sir.
Als der gemeine Kerl endlich mal Luft holte, versuchte Tom es zum letzten Mal.

"Ich wollte ja bezahlen, aber es kam ja keiner an den Tisch..." Er zeigte auf den arschlangsamen Kellner, der noch immer im Tuk Tuk saß und schlafend auf seine Chefs wartete. 
"Ich zahle einfach jetzt."
"UND WIE DU ZAHLST!"
Dann zückte Tom seine Geldbörse und durchblätterte ein Bündel Scheine.
"Hier. Als Friedensangebot?"
 
Tom gab seinem Landsmann eine gehörige Summe Geld. 
Der wütende Engländer riss es ihm aus der Hand und steckte es ein.
"Lasst euch nie wieder in einem unserer Läden blicken, ihr F****N!" Dann spuckte er auf den Boden und die beiden zogen ab. Puh.
Schwitzend sah ich zu Tom hinüber.
"Hey, sieh mich nicht so vorwurfsvoll an. Was kann ich dafür wenn die Belegschaft dort so langsam ist..."
"Mann, du hast ganz schön geblecht", sagte ich noch immer ein wenig perplex.
"Klar, aber es ist es nicht wert wegen ein paar Kröten abgestochen zu werden."

Ich bin zwar der Meinung, dass ein paar Stichwunden diese Geschichte um ein vielfaches aufgewertet hätte, aber letztendlich hatte er wohl recht.
Die Leute um uns starrten noch eine ganze Weile, bis sie sich dann wieder ihrem eigenen Kram widmeten. Langsam sank auch unser Puls wieder auf ein normales Level. Das war knapp. 

"Warum habt ihr mit denen Ärger angefangen?" fragte eine Frau, die das ganze Schauspiel interessiert beobachtet hatte.
"Wisst ihr denn nicht, dass denen sämtliche Läden der Stadt gehören?! Glück im Unglück, dass ihr so glimpflich davon gekommen seid. Wenn die sich nämlich dafür entscheiden, dass ihr die Stadt nicht mehr verlasst, dann verlasst ihr die Stadt auch nicht mehr. Die Jungs stecken mit allen unter einer Decke. Die sind Teil der lokalen Mafia."

Nein, Lady, das wussten wir offensichtlich nicht. 

Wir setzten uns zu ihr an den Tisch und soffen weiter bis tief in die Nacht. Was für ein glorreicher Abend!

Am nächsten Morgen schafften wir es dann trotz Kater ziemlich pünktlich zur thailändischen Botschaft um unsere Papiere einzureichen. Es stelle sich heraus, dass all die Reisepässe die Tom besaß, gar nicht seine waren, sondern die seiner gesammelten Crew, die noch irgendwo an einem Hafen in Thailand auf der Super Yacht verweilte. Geheimnis gelüftet. 
Anschließend hielt ich es für das Beste, den Rest des Nachmittags damit zu verbringen, zu komern. Somit neigte sich unsere gemeinsame Geschichte also ganz langsam und schnarchend dem Ende. Wir holten unsere frischen Visa am Folgetag ab und nach einer letzten Mahlzeit zusammen war es an der Zeit, dass jeder wieder seinen Weg ging. Es war eine kurze, aber knackig-intensive Zeit gewesen.

"Ich hab noch ein paar Schiffsteile, die ich abholen muss, dann geht es wieder auf See" sagte Tom.
"Warum kommst du nicht mit auf meine Yacht?"
"Als Gast?"
"Nein, aber wenn du Arbeit brauchst. Es gibt immer eine alte Zahnbürste mit der du das Deck schrubben könntest. Stich in die See mit uns. Ich will nicht lügen, es ist hart und nicht immer schön. Es ist eigentlich nie schön und immer nur hart, aber alles was du verdienst wandert direkt in deine Tasche, Kost und Logis ist umsonst, es gibt keine Steuern oder Abgaben. Die Crew könnte einen verrückten Bastard wie dich jederzeit gebrauchen."

Ich überlegte eine Weile. Doch so verlockend das Angebot klang, hatte ich doch irgendwie das Gefühl, dass meine Zeit in Thailand noch lange nicht vorbei war. 

"Irgendwann mein lieber. Noch liegen meine Pflichten woanders." 

Bis heute stelle ich mir vor wie es wohl gewesen wäre, einfach alles stehen und liegen zu lassen, um mit Captain Tom Burland und seiner Crew den Golf von Thailand unsicher zu machen. Was für weitere Geschichten und Abenteuer daraus entstanden wären. Aber es war einfach nicht der richtige Zeitpunkt. Und leider sollte es diesen Zeitpunkt auch nie geben. 

"Na schön, aber das Angebot steht."
"Danke für alles Tom, es war mir eine Ehre." sagte ich aufrichtig und mit etwas Bedauern in der Stimme. 
"Wir hören von einander, ja?"
"Jederzeit mein Freund." sagte er und lächelte.
"Jederzeit."

Wir umarmten uns zum Abschied und Tom humpelte auf seinem Holzbein von Dannen. Kurz bevor er um eine Straßenbiegung verschwand, blitzte seine Hakenhand ein letztes Mal empor und salutierte zum Abschied.
"Bis dann."

Es ist mittlerweile über zehn Jahre her, seit wir uns an jenem Tag voneinander verabschiedeten. Wir hatten noch ein paar Mal schriftlichen Kontakt, aber wie der Lauf der Zeit es so will ist auch dieser zu guter Letzt eingeschlafen. Ich weiß nicht wo Tom ist, oder ob es ihm gut geht, aber wenn ich wie so oft an die alten Geschichten und Abenteuer zurück denke, die ich in all den Jahren erlebt habe, ist eines ganz sicher:

Captain Tom Burland wird dabei immer eine wichtige Rolle spielen. 

Mast- und Schotbruch mein Freund. Vielleicht sehen wir uns eines Tages wieder.




Mittwoch, 22. Januar 2020

Nur die Harten rauchen im Garten

OK, ich weiß. Ja ich weiß. Wirklich. Es hat 'ne Weile gedauert, das sehe ich ein. Viel Zeit ist vergangen, wir alle sind älter und hässlicher geworden. I get it. Aber lasst uns das einfach vergessen, liebe Leserschaft. Denn meine Geschichten sind ja immer noch die selben. Kein bisschen gereift und immer noch dümmlich, profan und witzig wie eh und je.
In Ordnung?
In Ordnung.

Also:

Unseren Gärtner konnte ich ursprünglich überhaupt nicht leiden. Das lag vielleicht daran, dass ich das Gefühl hatte, er könne MICH nicht leiden. Ich weiß es nicht, aber irgendwas war im Busch. Manchmal war er es.
Bis heute weiß ich auch nicht, ob sein Name Rong, oder aber Long war. Das war deshalb schwierig, weil die Thais ein L gerne zu einem R machen, und auch umgekehrt. Deswegen wurde aus Roger "Loger". 
Ein markantes, trocken-kehlig geröcheltes Rrrrr, wie es so gern aus dem deutschen Rachen kommt gibt es im thailändischen nicht (dem Himmel sei Dank) und auch ein weiches, englisches R wie in "Rocket" können sie nicht problemlos aussprechen. Ganz einfach, weil es in ihrer Sprache nicht vorhanden ist, und sie es nicht gebrauchen. Uns Westlern fällt es schließlich auch schwer, viele der Vokale und Konsonanten der thailändischen Sprache auszusprechen. Mir zwar nicht, aber euch schon.
Ich kann das.
Naja, also ob er nun Rong oder Long oder Shlong hieß ist ja auch völlig Wurscht, aber wann immer sein Name ausgesprochen wurde, wurde ein "Lung" vorn angehangen. Lung bedeutet Onkel.
Lung Rong.
Oder aber Lung Long.
Alles geht, Leute.
Jetzt haben wir das geklärt und ich werde ihn fortan Lung Rong nennen.

Lung Long arbeitete ruhig und schweigend vor sich hin, Tag ein und Tag aus. In dieser Geschichte soll es aber gar nicht unbedingt darum gehen, was wir so für tolle Sachen gebaut haben, sondern eher, wie wir uns kennengelernt haben und Freunde wurden. In meinen vorherigen Geschichten wurde er ja bereits erwähnt, doch nun geht es um den Anfang aller Dinge. Um den Urknall der Gartenfreundschaft sozusagen.

Lung Rong ignorierte mich buchstäblich. In meiner Anfangszeit habe ich ihn viel beobachtet; Es gab einfach tagsüber nichts zu tun. Die Mädchen waren alle in der Schule und es war ruhig und öde. Nur er war kontinuierlich am werkeln - seine fetten, selbstgedrehten Zigarren, die an riesige Joints erinnerten, stets im Mundwinkel. Seine Figur war sehr mager, seine Haut dunkel und sonnengebräunt und ich fragte mich ständig wie er nur die Kraft aufbringen konnte, permanent zu arbeiten. Vor allem bei dem Wetter. Ich saß unterm Dach mit meinem Kaltgetränk und kam nur vom Zugucken ins schwitzen.
Aber ich wollte auch nicht nutzlos sein. Oder zumindest nicht so wirken. Da liegen Welten zwischen.
Anna und Mickey warfen ja bereits ein Auge auf mich, also entschied ich mich für das einzig richtige, setzte mein kühles Getränk ab, schaltete den Ventilator aus und lief hinaus in den sonnigen Garten. Nach zwei Schritten in der Sonne fühlte ich mich bereits wie ein Zwieback aber ich lief zu ihm, trotz Sprachbarriere, und sagte ihm Hallo.
Lung Long klopfte mit irgendwas auf irgendwas anderem rum und ignorierte mich einfach. Er sah mich nicht mal an. Nicht mal ein Danke dafür, dass meine massive Gestalt ihm etwas Schatten spendete. Ich empfand das als bodenlose Frechheit.
Pampig und leicht in meiner Ehre gekränkt lief zurück in den Schatten und rieb mir die Hände. So nicht, Lung Rong... so nicht...
Am nächsten Tag wollte ich die Sache anders angehen lassen. Ich wollte erst mal ein paar Informationen sammeln, bevor ich ihn wieder bei der Arbeit besuchte.
Also ging ich zu Anna und fragte sie ein wenig aus.
"Ach, er mag also keine Ausländer." wiederholte ich langsam und gedankenverloren.
"Ja, habe ich doch gerade gesagt", sagte sie.
Er mag keine Ausländer.
"Hat er denn mit keinem zuvor geredet?" fragte ich und schüttete ein paar mehr Eiswürfel in mein Wasser.
"Nö", sagte sie.
"Er meidet eigentlich alle, die hier hausieren, und macht nur seine Arbeit. Er hat für Farangs nicht viel übrig."
"Du alter Rassist!" dachte ich mir nur und kniff die Augen zusammen.
"Monsieur Rassisti. Aber nicht mit mir, Freundchen. Du wirst mich mögen, koste es, was es wolle!"

Ich änderte meine Strategie. Anstatt ihn zu beobachten und vor seiner Nase köstlich kühles Wasser zu genießen schritt ich zur Tat. Aus unserem kleinen, offenen Küchenbereich holte ich eine Flasche und machte mich auf den Weg durch die Sahara. Verschwommen nahm ich seine dürre Gestalt war und zweifelte mit jedem weiteren Schritt an meinem eigenen Verstand. Dann, nach etwa 40 Sekunden Gehweg aus der Küche erreichte ich ihn.
"Hier, bitte."
Ich stellte die Flasche neben ihn. Er hämmerte weiter.
Er.
Hämmerte.
Weiter.
Ohne aufzublicken, ohne Dankeschön, ohne irgendwas. Er ignorierte mich, genau wie zuvor. Unmögliches Verhalten, echt. Unmöglich. Was musste ich ihm bringen, damit er mich beachtete? Weihrauch? Gold? Mohrrüben?
Ich war mit meinem Latein am Ende, und mit meinem Thai noch viel zu weit am Anfang. Ich zog mich zurück in die Dunkelheit... gelangweilt, frustriert, verletzt.
Einige Tage vergingen. Ich saß mal wieder rum; Ventilator auf Nummer vier, in meiner kühlen, schattigen Ecke, Schal und Mütze parat.
Ich beobachtete ihn.
Jeden Hammerschlag.
Jede Armbewegung beim Sägen.
Jetzt wo ich so darüber schreibe wird mir klar, warum er das vielleicht nicht unbedingt gemocht hat. Hm.
Naja, ich wollte jedenfalls während des Beobachtens eine rauchen, doch dann - das Dilemma. Keine Ziggis mehr am Stizzle. Scheiße...
Aber Rung Rong rauchte doch stets diese dicken, saftigen Zigarren... Oder was auch immer sie waren.
Hmmmm...
Ich fasste den Entschluss, ihn noch ein Mal aufzusuchen. Die Dinger sahen schließlich interessant aus und waren genau das, was ich jetzt probieren wollte. Etwas neues und ungewöhnliches. Etwas, über das man in naher - und auch ferner - Zukunft Geschichten schreiben konnte. Der letzte Versuch zur Kontaktaufnahme wurde gestartet.

Ich lief zu ihm während er rauchte. Die grüne, Joint-artige, riesige Zigarre ragte wie eine seitlich liegende Pyramide aus seinem Mund hervor. Unablässlich blies er Rauch in die Luft, aber ich kämpfte mich durch den dicken Schleier, und zog den grauen Vorhang dann symbolisch auf.
"Lung Long!" rief ich.
Eine verzögerte Reaktion. Ein Zwinkern. Dann geschah das Undenkbare. Er drehte sich zu mir um und sah mich an. Sein Gesicht wirkte zerknautscht, seine schwarzen Haare glänzten in der Sonne. Er nahm einen weiteren Zug und für einen kurzen Moment sagte keiner von uns etwas.
Ich ergriff die initiative.
Ich zeigte auf seine "Zigarette" und fragte ihn.
"Sue Tinai?" (soviel wie: Wo hast du das gekauft?)
Aus müden Augen heraus sah er mich an, und dann... das UNGLAUBLICHE!
Er nuschelte irgendwas zurück und hob die grüne Pyramide empor. Ich stellte fest, dass er doch tatsächlich lächelte!


Nicht mein eigenes Bild (ich habe leider nie eins gemacht) aber dieses kommt der Sache wirklich sehr nah


Ich verstand circa Null Prozent von dem was er mir antwortete. Das lag wohl an der Abwesenheit von Zähnen, stellte mein Detektiv-artiger Verstand instinktiv fest. Tatsächlich hatte er nur einen einzigen sichtbaren Zahn - der Rest seines Munds sah aus wie eine Gummi Höhle.
Während ich all diese Feststellungen machte, schien der Gärtner weiterhin amüsiert über meine Auffassung, das man diese Zigaretten/Zigarren irgendwo käuflich erwerben konnte. Ich meine, mich an ein hysterisch hervorgebrachtes "Mai Sue!" seinerseits zu erinnern. Oder ein zahnloses "Mai Schue!" (zu deutsch: Nicht gekauft!). So in der Art.
Er richtete sich - immer noch sichtlich amüsiert über diesen dummen Farang mit seiner dummen Frage - auf und bedeutete mir mit einer Handbewegung ihm zu folgen. Und ich tat es. Schließlich wollte ich ja rauchen. Und hätte er mich zu einem Van geführt auf dem "Candy" steht wäre ich eingestiegen.
Er brachte mich allerdings zu keinem Van, sondrn zu seinem alten Klappergestell von Moped. Rot, rostig, wackelig, instabil. Alles Wörter mit denen man auch Rung Long hätte beschreiben können, wenn man die Farbe weglässt.
Mit gekrümmtem Rücken wies er den Weg, und als wir sein Streitross erreichten griff er in den Korb vorm Lenker und holte eingewickelten Tabak hervor. Ich lugte mit skeptischen Augen ins Körbchen und entdecke auch ein paar Bananenblätter.
Dann machte Lung Rong eine Handbewegung, die fürs "Rollen" stehen sollte.
"Rollen du Idiot, ich rolle sie selber"
Er nahm etwas Tabak, breitete ihn auf ein getrocknetes Bananenblatt aus und rollte alles zusammen zu seinem Möchtegern-Joint.

Beide klapprig

Er zündete sein Werk an und nahm einen Zug. Mit einer Zwei-Finger Geste die in keiner Art und Weise falsch interpretiert hätte werden können, bedeutete ich ihm, dass ich gern mal ziehen würde.
Rung Rong lachte erneut, dann reichte er mir die Zigarre. Tja, und was soll ich sagen. Das war exakt der Moment an dem wir Freundschaft schlossen.
Die Friedenspfeiffe zwischen Farang und Thai. Wortlose Verständigung und das Teilen von gemeinsamer Sucht. Ein Moment für die Geschichtsbücher.

Seit diesem Tag an waren wir Kollegen und Freunde. Wie Brüder. Er nahm mich unter seine Fittiche und brachte mir alles bei, was man so wissen musste. Man kann beinahe sagen, dass ich sein Lehrling wurde.
Er zeigte mir wie man mit Bambus arbeitete, diesen spaltete, ihn glättete und anschließend verbaute. Wir fällten Bäume und errichteten gemeinsam ein Pavillon für die Kinder. Wir hoben Gräben aus und verlegten Rohre. Endlich fühlte ich mich nützlich, und diese positive Entwicklung fiel auch Anna und Mickey auf.




In der Mittagspause nahm er mich oft auf seinem Moped mit und wir aßen Nudelsuppe im Dorf. Gut und günstig war das, gut und günstig.
Anschließend parkten wir wieder in unserem Garten, unter den wunderschönen Rosenapfel Bäumen; Das ist das eine Bild, das ich immer mit Lung Long verbinden werde. Sein rotes, klappriges Moped geparkt unter den wunderschönen, grünen Bögen der Rosenapfelbäume.
Bis wir diese dann schlussendlich vernichten mussten.
Der Platz wurde gebraucht für neue Gebäude, die in naher Zukunft errichtet werden sollten.
Es war schade, aber machte auch Sinn.
Und was für eine Arbeit das war... Problematisch war hierbei nicht der körperliche Aspekt, nicht die Anstrengung oder die Hitze. Nein, nein!
Es waren die drecksverdammten roten Ameisen.
Die beißenden, roten Ameisen die sich gerne Nester in den Bäumen bauten, indem sie (wie auch immer) mehrere Blätter des Baumes zusammenklebten wie eine riesige Kugel.
In diesem Fußballgroßen Nest befanden sich dann ihre Eier (die auch als Delikatesse für guten Preis gehandelt wurden). Außerdem liefen hunderte der riesigen, roten Ameisen auf den Ästen der Bäume umher die dann bei jedem Hieb mit der Machete auf einen hinabregneten, als wäre es schon wieder Rainy Season.

Village People 

Wenn so eine handvoll Ameisen dann erstmal auf einen gefallen war, machten sie es sich sofort zur Aufgabe unter jedes Hemd und in jede Ritze des Körpers zu kriechen, um dann ihre gewaltigen Zähne in mein zartes, jungfräuliches Fleisch zu senken.
Und das zwackte gewaltig.
Mein Village People Outfit wurde schnell ersetzt. Sicherheit und Safety Standards waren nicht mehr angebracht. Je weniger man am Leibe trug, desto weniger Stellen gab es für die roten Monster sich zu verkriechen.
Ich verbrannte mein Shirt und rasierte mir die Brust. Keine Macht den Ameisen. Ich gab ihnen keine Versteckmöglichkeit mehr und es funktionierte tatsächlich. Sie prallten von meinen Muskeln ab wie Ping Pong Bälle von der Platte. Huiiiii, flogen sie in sämtliche Richtungen.
Aber... einige schafften es dennoch.
Ein Mal kam es tatsächlich zu einem Arbeitsunfall. Ich muss allerdings zugeben, dass ich mich auch wie der letzte Affe angestellt habe.
Ein sonniger Tag.
In der rechten Hand führe ich gerade die Machete, die das Tageslicht wie einen Blitz in der Mittagshitze reflektiert, als ein stechender Schmerz im linken Bein mich überrascht. Ein Ameisenbiss! Dios Mios!
Refexartig (und offensichtlich ohne wirklich nachzudenken) schlage ich mit der Machete zu, ehe mir einfällt, dass es sich ja um mein eigenes Bein und nicht etwa einen Baumstamm handelt. Auch wenn sich die beiden natürlich stark ähneln. Ich tu also das einzig logische um mein Baumbein zu schützen, und opfere meine Hand.
Zack, war der Finger entzwei. Schockstarre. Wer Kill Bill kennt kann nur erahnen, wie das Blut spritzte. Fontänenartig!
Und da ich nicht zur Übertreibung neige, könnt ihr mir das glauben!
Ich tat das einzig richtige, was man in der Situation nur tun konnte. Ich drückte meinen Finger fest mit der anderen Hand zusammen, um das Blut zu stauen. Dann richtete ich ihn langsam gen Boden, lockerte den Griff und benutzte den herausspritzenden Blutdruck um um mich in die Luft zu katapultieren. So flog ich dann ins nächste Krankenhaus, wo ich anschließend genäht wurde.

Kein Thema, kurz genäht und weiter

Zurück musste ich dann natürlich laufen, aber das war kein Problem. Nachdem ich jubelnd in Empfang genommen wurde, ging die Arbeit wie gewohnt weiter. Tag ein, Tag aus.

Lung Long und ich waren mittlerweile so gut befreundet, dass wir uns gemeinsam über nachfolgende Freiwillige lustig machen konnten. Meistens zeigte er auf jemanden, nuschelte dann und fing an zu lachen. Und ich lachte dann über ihn, weil ich keine Ahnung hatte, worum es eigentlich ging.

Und auf ein Mal genoss er das alles. Mochte den Kontakt, lachte viel und versuchte tatsächlich mit den Neuen zu reden. Es war unglaublich, wie er sich nach ein paar Wochen und Monaten verändert hatte. Er blühte förmlich auf und sein zahnloses Lächeln wurde breiter und hohler mit jedem Tag.
Ich erinnere mich daran, wie er an einem Samstag Morgen unangekündigt und wie aus dem Nichts vor meinem Fenster stand. Es war sein freier Tag und trotzdem war er da und rief nach mir.
"Loger, Loger!"
Ich blickte auf und war arg verwundert. Es war schließlich der einzige freie Tag, den er hatte. Und offensichtlich wollte er den mit mir verbringen. Verwunderlich war es schon, aber ich entschied mich dafür mit ihm zu gehen.
Wir cruisten gemeinsam durchs Dorf, aßen Nudeln und tranken Whiskey in den kleinen Bars, die tagsüber geöffnet hatten. Wir verbrachten den ganzen Tag gemeinsam und hatten viel zu viel Spaß für zwei Menschen, die sich eigentlich nur mit Hand und Fuß verständigen konnten.
Auf dem Rückweg fuhr ich dann seinen Roller; Mit ihm als Fliegengewicht im Gepäck. Wir waren zwar etwas betrunken, aber ich vertraute mir selber mehr als ihm. Er kam des öfteren ins Schwanken, wenn er mit dem großen Europäer auf dem Rücksitz anfuhr und machte nicht den Eindruck, als könnte er uns im Notfall auf der Kiste halten. Seine Streichholzbeine sahen aus, als würden sie bei jedem Absetzer an der Ampel brechen. Also fuhr ich.
Durch die erhöhten Wege der Reisfelder machten wir unsere Runden, und als mein Vorderrad in einer Kurve gefährlich nah - und ich weiß nicht wie sehr ich das Wort gefährlich (!) hervorheben kann - der Böschung entgegen kam, gab es nur ein schreckhaftes "OH!" von hinten. Dann lachte Rung Rong sehr laut. Ich fuhr weiter und lachte mit. Wir sind nur haarscharf einem Unfall entkommen, der uns runter ins Reisfeld befördert hätte. Wir wussten es beide. HAARSCHARF.
Witzig, witzig.
Am frühen Abend brachte er mich dann zu den lokalen Nashornkäfer Kämpfen. Ja, wirklich! Er selbst hatte auch einen. An einem Stück Zuckerrohr war er befestigt mit einer Schnur um sein Horn damit er nicht weglaufen konnte. Und er nagte und nagte.
Lung Rong erklärte mir die Regeln, die ich aber bis heute nicht verstanden hab.
Auf einem erhöhten Baumstamm saßen sich Gegenüber zwei Teilnehmer mit ihren Käfern. Diese wurden dann auf dem Stamm losgebunden und aufeinander gehetzt. Angetrieben wurden sie durch ein kleines Stäbchen, mit dem das "Herrchen" rollende Bewegung auf dem Stamm erzeugte, die den Käfer irgendwie vorantreiben sollten. Die Käfer hoben sich dann in die Luft und irgendwie wurden Punkte verteilt. Manchmal wurde ein Käfer regelrecht in die Luft geschossen, wenn er vom Horn des anderen gehebelt wurde.
"OH!" machte Lung Long dann wieder und war begeistert.
Natürlich konnte man auch wetten und sich einen kleinen Extrataler für die Karaokebar verdienen. Ob Lung Rong je selbst an einem der Kämpfe teilgenommen hat weiß ich leider nicht. Aber einen Nashornkäfer hatte er trotzdem. Er liebte diese Events! Und ich auch.
Einfach alles, was er mir an diesem Tag zeigte, war interessant.
Und dann irgendwann kam ich wieder bei mir zu Hause an.
Ich wurde angemeckert, weil ich eigentlich Pflichten hatte. Sollte dies und das tun. Wochenende, Unterricht, bla, bla, bla.
Ich fand den Tag so, wie wir ihn verbracht hatten aber viel lustiger. Habs auch nie bereut.

Und so verging die Zeit.

Und dann, eines Tages, kam Rung Long nicht mehr zur Arbeit. Mickey erzählte mir auf meine Nachfrage hin, dass er ihn gefeuert hat, weil er Alkoholiker war und seine Arbeit zu schlampig. Wenn Lung Rong um 08:00 anfing im Garten zu arbeiten, hatte er meist schon einen im Tee. Die Flasche "Lao Khao" hatte er immer dabei (eine Art Thai Schnaps). Es war auffällig geworden und er hat auch nach mehrfacher Aufforderung einfach nicht aufhören können während der Arbeit zu trinken.
Und plötzlich war unsere Zusammenarbeit und das Rauchen von riesigen Zigarren beendet. Einfach so. Puff, weg.
Ein neuer Gärtner kam selbstverständich, und auch der war ganz lustig, aber es war einfach nicht dasselbe. Ich vermisste meinen Rung Rong.

Manchmal am Nachmittag fuhr ich ihn besuchen. Sein kleines Haus war direkt neben dem seiner Eltern. Auch die hatte ich im Laufe der Zeit natürlich schon kennengelernt (Laura sagte, das sei so üblich bevor man heiratet). Ich glaube sie war einfach nur neidisch auf diese wunderschöne Freundschaft. Aber was soll man machen. Haters gonna hate.
Ein Mal war meine Schwester zu Besuch, und gemeinsam fuhren wir zu Rung Rong. Er machte uns eine Suppe mit Ameiseneiern (die er aus den Fußballgroßen Nestern unter höchster Gefahr gesammelt hatte) und weil wir höfliche Menschen sind probierten wir davon. Die Höflichkeit fand jedoch nach nur einem Bissen ihr Ende und wir verabschiedeten uns.
Ein weiteres Mal besuchte ich ihn mit Jan, einem guten Freund aus Deutschland. Wir tranken gemeinsam Whiskey, lachten und rauchten ununterbrochen auf der kleinen Terrasse. Lung Long freute sich über jeden Besuch. Jedes mal. Monsieur Rassisti hatte sich verändert.

Die Gartenarbeit im allgemeinen machte mir langsam aber sicher keinen Spaß mehr und ich fühlte mich irgendwie einsam. Alles machte mehr Spaß, wenn ein zahnloser Mensch neben einem hockt und lacht. Und der war nicht mehr da.
Leider sahen sich Lung Long und ich mit fortschreitender Zeit immer seltener. Bei einem meiner letzten Besuche stellte ich fest, dass sein Bein sehr geschwollen war (auf tatsächliche Baumstammgröße) und ihm große Probleme bereitete. Er humpelte stark, aber er konnte mir leider nicht erklären, was es war. Beziehungsweise, ich konnte es nicht verstehen und ich erinner mich daran, dass es mich damals sehr frustrierte. Ich wollte einfach nur wissen, was Sache war.
Fakt war aber, das es immer schlimmer wurde, von Mal zu Mal. Bis er schließlich fast gar nicht mehr in der Lage war zu laufen. Er saß nur noch da vor seinem kleinen Haus und trank. Und trank. Und trank. Und trank...

Ich lag auf meiner Matratze und war am Dösen, als wieder mal ein Schatten vor mein Fenster trat. Ich sah auf, doch es war nicht Lung Rong der da stand. Es war Bee, unsere alte Putzfrau.
Sie sah mich aus traurigen Augen heraus an. Einer dieser Momente in denen man weiß, das schlechte Nachrichten auf dem Vormarsch sind.
"Lung Long ist gestorben", sagte sie schließlich. Sie wollte mir Bescheid geben, weil sie wusste, wie gut wir befreundet waren. Und weil sie wollte, dass ich bei der Beerdigung anwesend bin.
Sein erster und letzter Farang Freund.
Ich fuhr zum Haus seiner Eltern und versuchte irgendwie mein Beileid mitzuteilen. Auch wenn ich nicht viel sagen konnte; Doch das war in Ordnung. Jeder hatte es verstanden.
Die Mutter führte mich anschließend zu der Stelle im Haus, an der er gestorben war. Eine braune, getrocknete Blutlache zeichnete sich klar von den ansonsten weißen Bodenkacheln ab.
Da war es also passiert. An genau diesem Fleck.
Mit den Bruchstücken die ich von der alten Mutter verstand malte ich mir aus, wie die letzten Momente seines Lebens ausgesehen haben mussten. Das Blut lief ihm wohl aus allen Öffnungen - er erbrach es und schied es aus, wenn ich das richtig verstanden hatte. Mehr wollte und brauchte ich aber nicht zu wissen. Organversagen. Definitiv kein schöner Tod. Und letztendlich wohl dem Alkohol verschuldet.

Es gab eine Trauerfeier im Haus, wo der Leichnam traditionell für ein paar Tage aufbewahrt wurde. Die Verbrennung von Lung Rong fand dann im örtlichen Krematorium statt. Ein letztes Mal konnte man in den Sarg schauen um sich zu verabschieden. Ich stellte fest, dass man ihn nicht sauber gemacht hatte und es war kein schöner Anblick, wenn ich ehrlich bin. Ich wandte mich ab und gesellte mich zu den anderen Gästen - als einziger Farang. Dann wurde sein Körper verbrannt und schwarzer Rauch stieg wie eine Säule hinauf in den blauen Himmel.

Und das war das Ende von Lung Long.

Ich lag da und war am Dösen. Mal wieder. Einige Tage waren vergangen, aber nicht viele. Leider fehlt mir dahingehend die Erinnerung, aber es spielt im Endeffekt auch keine große Rolle.
Ich faulenzte jedenfalls wie so häufig und war fast am Schlafen, als ich auf ein dumpfes Geräusch aufmerksam wurde.
Pock, pock!
Etwas war am Fenster und wollte unbedingt in mein Zimmer, wurde aber vom Moskitogitter daran gehindert.
Pock, pock, pock!
Verwundert sah ich mich um und entdeckte den Übeltäter. Ein fliegender Nashornkäfer versuchte krampfhaft durchs Fenster zu mir zu gelangen. Oder zumindest in mein Zimmer.
Ich lief hinüber und machte das Gitter auf. Sofort kam der Käfer hereingeflogen und landete sachte auf dem Boden. Er lief los - und mir viel ein bemerkenswertes Detail direkt ins Auge: sein Bein hatte eine Verletzung. Der Nashornkäfer humpelte regelrecht.
Es war, zugegebenermaßen, ziemlich absurd. Absurd weil der Käfer mich so sehr an Lung Rong erinnerte. Besonders mit der Beinverletzung.
War es Zufall? Höchstwahrscheinlich schon, aber nicht jeder bei uns war der gleichen Meinung. Ich lief zu unserer Mutter für alles, Maeh Fah, und zeigte ihr den Käfer. Nur aus Spaß erwähnte ich ziemlich beiläufig, dass es ja eventuell Lung Rong sei, der als Nashornkäfer wiedergeboren wurde und mich besucht. Was eigentlich eher als Scherz gemeint war schlug schlagartig um in eine andere Richtung.
"Du hast Recht!" sagte sie freudig erregt und lachte auf.
"Du hast Recht, das ist Long!"
Ganz aufgeregt griff sie nach ihrem Handy und wählte eine Nummer.
"Lung Rong ist hier und besucht Loger!" hab ich nur verstanden, während sie ihrer Freundin die Geschichte von der Reinkarnation übers Telefon ins Ohr brüllte.
"Ja! Ja, wirklich! Chai, Jing Jing!"
Als das Gespräch beendet war, wählte sie prompt eine neue Nummer und erzählte die gleiche Geschichte nochmal. Und dann nochmal.
Ich stand fassungslos daneben und glotzte blöd rum.

Ob nun der Wunsch Vater des Gedanken war, oder ob ich die Reinkarnation meines alten Gärtners und Freunds auf dem Arm hatte, weiß ich nicht. Vielleicht war es einfach nur ein verletzter Käfer, der ins kühle Zimmer wollte. Vielleicht war es Lung Rong, der mir ein Zeichen gab. Es spielt auch keine Rolle, denn auch der Käfer war wenige Zeit später wieder spurlos verschwunden.

Davongeflogen.

An Lung Long denke ich noch öfter. Auch heute noch, zehn Jahre nach seinem Tod. Und immer wenn ich an ihn denke, kommt mir sein bescheuertes, klappriges Moped in den Sinn.
Wie es da steht, unter den Rosenapfelbäumen. Irgendwie in ikonisches Bild. Und eins, an das ich mich auch in zehn, zwanzig oder auch dreißig Jahren noch erinnern werde. Und wie wir fast ins Reisfeld gefallen sind, aber es mit einem Lachen abgetan haben.

Oh Mann.

Ruhe in Frieden mein Freund.
Ich vermisse dich.



.


Montag, 27. Februar 2017

Gestohlene Erinnerungen

Ein weiser Bauer sprach ein mal:

"Überfüttere das Vieh nicht, sonst wird es gierig. Aber fütter es genug, sodass es keinen Hunger leiden muss. Sonst schmeckt es nicht!"

Mit dieser schlechten Metapher möchte ich kläglich meine Schreibfaulheit erklären, die sich nun über mehrere Wochen (manche Pessimisten bezeichnen es als "Monate") hinweg zog und eine vermeintlich riesige Lücke in die Herzen der Leserschaft gerissen hat, welche es nun mit der langersehnten Fortsetzung meiner Geschichte zu füllen gilt.
Darum habe ich mich dazu entschlossen, diesen Blog-Eintrag EXTRA lang zu gestalten, für all diejenigen, die bei mir geklagt haben.
Das bin ich euch schuldig.
Quasi doppelt so lang, dafür aber ohne Bilder und mit schön kleiner Schrift.

Aber im Ernst, ich muss mich für meine Abwesenheit entschuldigen. 
Was war denn nun geschehen?
Wie hat Roger die Situation und die Gefahren gemeistert?
Wann hört er endlich auf zu faseln, und beginnt mit der Fortsetzung, die uns seit langem versprochen wurde?
Wer ist Roger?

Ich möchte niemanden länger auf die Folter spannen, und knüpfe dort an, wo ich aufgehört habe.
Sofort nachdem ich im letzten Blog-Eintrag nachgelesen habe, wo das überhaupt war.

Ah ja, gut. 

Ich verließ also ganz klein und schwitzend den Check-in Bereich. So wie man es nun mal tut, nachdem einem das Recht zum Betreten des Fliegers verwährt wurde. 
Nach kurzem Überlegen und einem Moment der Peinlichkeit, in dem ich jedes Augenpaar der anderen (und weitaus schlaueren) Passagiere auf meiner Haut spüren konnte, kam ich dann zu dem Entschluss, dass es das beste sei, sich an die Fluggesellschaft zu wenden, die mich eigentlich nach Vietnam hätte fliegen sollen. Oder wie amerikanische Veteranen es nennen: "Nam".
Ich lief zur kleinen Office-box der Air Asia Fluggesellschaft in der obersten Etage des Suvarnabhumi Airports und bat um Hilfe.
Mit meinen bis dato rudimentären Thai Kenntnissen schilderte ich ausführlich und äußerst unverständlich mein Problem.

Nachdem das schüchterne Gelächter der Mitarbeiter verstummt war, und ich gemerkt hatte, das keiner ein Wort verstand, versuchte ich es nochmals auf Englisch.
Diesmal mit mehr Erfolg.
Ich hatte den Flug zu einem Seminar verpasst, dass noch an diesem Tag beginnen sollte. Ich hatte kein Visum. Ich hatte kein Geld. Das waren so weit die Fakten.
Freundlich und hilfsbereit kamen mir die Mitarbeiter entgegen und ließen mich eintreten in ein Büro, dass so groß war wie ein Daumennagel. 
"Zunächst ein mal benötigst du ein gültiges Visum", erklärte mir der homosexuelle Air Asia Mitarbeiter, und setzte mich an einen der PCs, die sich in der menschlichen Legebatterie befanden.
Als ob ich das nicht bereits selbst gewusst hätte...
Es wussten ja schließlich auch all die ach-so-tollen anderen Passagiere, die den Flug mit ihren perfekt und wunderschön vorbereiteten Visa betreten durften, und meine Schmach live mitverfolgt hatten.
Draußen vor dem kleinen Eingang bildete sich eine Traube in rot gekleideter Air Asia Kollegen, die alle einen Blick auf mich erhaschen wollten.

Mit schnellem Verstand und eifriger Hand öffnete ich den Browser (für die älteren Leser: das Internet) und erkundete mich erstmals gründlich über die geltenden Voraussetzungen, die nötig waren, um das Land Vietnam als Fremder zu bereisen - und ich bemerkte schnell meinen Fehler.
Senden Sie dies, tun Sie das, warten Sie auf die Bestätigung und und und.
Nichts von dem hatte ich getan. NICHTS!
Weder war mein Einreisedokument korrekt ausgefüllt gewesen, noch eine Bestätigung eingetroffen. Nunja, das eine schloss das andere auch irgendwie aus.
Thailand würde das schon irgendwie richten.
Hier ließ sich doch schließlich alles richten, oder? Nicht nur Nasen und Zähne.
Ein Land mit scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten, so hatte es sich mir trügerischer weise immer dargestellt, aber mir wurde von Sekunde zu Sekunde klarer, dass dies noch lange kein Freifahrt-Schein für sämtliche meiner fahrlässigen und idiotischen Handlungen war.
Es war und ist zwar ein Königreich, aber der König hieß nicht Oz und zaubern konnte gar niemand. Erst recht konnte man einem hier nicht weiterhelfen, wenn es um die Einreisebestimmungen für ein anderes asiatisches Land ging. 
Ich verstand nicht viel, aber genug um zu wissen, dass mein Aufenthalt am Suvarnabhumi Airport sich wohl noch etwas in die Länge ziehen würde. 
Laut Internetseite würde die Bearbeitungsdauer eines neuen Antrags drei Tage dauern.
DREI Tage!
Und das war nur die Wartezeit; ich musste schließlich auch ein neues Visum bezahlen. Und das kostete. Kostete weitaus mehr, als mir zur Verfügung stand. Jeder letzte Baht war abgezählt, und während ich all diese Informationen in mich aufsog, wie ein fauliger Schwamm, wuchs in mir eine Unbehaglichkeit heran, die man wohl nur mit dem Heranwachsen einer Ziste vergleichen kann. Dieser bereits ewig lange Trip wollte einfach kein Ende nehmen.
Güäääärg, wäre das Geräusch gewesen, dass ich am liebsten aus der Kehle gestoßen hätte.

Ich tat es aber nicht. Im Gegenteil. Ich machte einen auf cool und lässig.
(Güü-äääääär-r-r-rg! rief es in meinem Verstand)
"Darf ich kurz meine Entsendeorganisation kontaktieren?" fragte ich den homosexuellen Mitarbeiter.
"Selbstverständlich", sagte er, "nimm dir die Zeit, die du brauchst."
Ob er selbst an seinem Computer arbeiten müsse, fragte ich ihn nicht.
Per Skype wandte ich mich an die Leute von Weltwärts und musste auch nicht besonders lange warten, bis ich eine Antwort bekam. Die Menschen dort sind schließlich Profis.
Ich führte ein Gespräch mit einer der netten Mitarbeiterinnen, und schilderte ihr wahrheitsgemäß mein Problem.

"Während meiner regulären Anmeldung für das Visum ist ein technischer Fehler aufgetreten, den die Mitarbeiter der Webseite zwar selbst verursacht haben, aber so schnell nicht beheben können. Es scheint, als wäre mein komplettes Anmeldeformular im Datenstrom verloren gegangen. Nun wollen die MIR den Fehler an die Backe schmatzen, dabei habe ich alles rechtmäßig befolgt, wie es auf der Internetseite beschrieben wurde. Jetzt sitze ich am Flughafen fest. Das alles ist wahrscheinlich auf die soziale Ungerechtigkeit zurückzuführen, die die Arbeiter dazu veranlasst nicht ordnungsgemäß zu arbeiten, sondern stattdessen ihren Tagträumen nach Gleichberechtigung nachzuhängen"

Bla.

Irgendwie so muss das gelaufen sein, denn schließlich entschlossen sich die Leute von Weltwärts mir aus der Patsche zu helfen, und zwar auf dem einzigen Wege, der beiden Parteien als sinnvoll erschien. Moneeeeeey.
Und hier beginnt dann auch schon eine der denkwürdigsten und schönsten Zeiten, die ich in meinem ganzen Leben nicht missen will.
72 Stunden am Flughafen in Bangkok.
Das Geld für einen neuen Flug und das neue Visum wurde mir per Western Union überwiesen, und sollte bereits am nächsten Tag ankommen. 
Mit dieser Rückendeckung ließ sich die ganze Problematik natürlich viel leichter anpacken. Zumal mir wesentlich mehr überwiesen wurde, als ich tatsächlich gebraucht hätte, aber das bleibt besser unser kleines Geheimnis.
So saß ich jedenfalls da nach dem Gespräch, an einem der schönsten Flughäfen der Welt (der mit der Zusicherung finanzieller Hilfsmittel noch um eine Nuance schöner geworden war), und dachte mir:
Wieso eigentlich nicht? Ist doch geil hier!
"Und nun?" fragte mich der homosexuelle Mitarbeiter.
"Ich werde wohl ein paar Tage hier am Flughafen verweilen müssen. Zumindest so lange, bis ich mein Visum bestätigt bekomme. Den neuen Flug buche ich dementsprechend", antwortete ich ihm.
Das schien ihn und die anderen Mitarbeiter sichtlich zu freuen.
"Du kannst den PC hier benutzen, wann immer du ihn benötigst", bat er mir an.
Und so geschah es. 
Mit dem Wissen, dass das Notgeld bereits auf dem Weg war, konnte ich meinen eigenen Geldbeutel plündern. Somit lief ich wie ein König durch den Flughafen und verteilte die Bahtscheine wie der Herbstwind das Laub. 
Flughafenbier im 7/11? War mir egal!
Footlong Spicy? War mir egal!
Ich versorgte mich mit Chang, genoss das Essen, setzte mich auf Bänke, hörte Musik, las mein Buch, setzte mich an den Computer, palaverte mit den Air Asia Mitarbeitern, freundete mich mit dem Personal an, versorgte mich mit noch mehr Chang, aß Footlong Spicy, hörte Musik und so weiter.
Ich genoss das Leben in vollen Zügen und beobachtete belustigt die Leute, die sich abhetzen mussten um ihre Flieger zu bekommen, während ich mir das Terminal langsam zu einer Wohnlandschaft gestaltete. Nach Hause zu Krakosien ich wollte nicht mehr. 
Der Tag endete und ich verabschiedete mich von meinen neu gewonnenen Freunden am Flughafen.
"Bis morgen Mr. Visa!"
Fortan war dies mein neuer Spitzname gewesen.
Ich suchte mir eine ruhige Ecke, legte mich auf eine Bank - den Rucksack als Kopfkissen - und schlief verhältnismäßig gut. 

Als der Morgen hereinbrach lauerte eine Überraschung auf mich. Einer der Securities des Flughafens - sein Name war Aun - begrüßte mich und drückte mir eine große Tüte in die Hand.
In jener Tüte befanden sich einige nützliche Dinge, unter anderem ein frisches T-Shirt, Ein Rasierer, Duschzeug, ein paar Snacks, und zu guter letzt ein paar Coupons für die Flughafen Kantine. 
"Du kannst gern die Mitarbeiterdusche benutzen", sagte er und zeigte mir den Weg in einen Bereich des Flughafens, den man als normal sterblicher Bürger sonst nicht zu sehen bekommt. 
An den grauen Wänden hingen dicke Rohre, und ich folgte diesen bis zu einer Tür über der ein männliches Strichmännchen prangerte.
Aun drückte mir ein Handtuch in die Hand und schloss mir die Tür zur Kabine auf.
Es war an der Zeit mein Eau de nature von mir abzuspülen. 
So sahen es scheinbar die anderen.
Ich tat wie mir geheißen und fühlte mich frisch und munter für den allmählich heranreifenden Tag.

Gleich um 09:00 ging ich zum Western Union Stand und holte, was mir nicht zustand.
Danach lief ich hoch in die Air Asia Box. Darin und darum herum begrüßten mich bekannte Gesichter,
Mr. Visa
Zu beiden Seiten hin Luftküsse verteilend schritt ich hinein und besetzte den PC um meinen Flug zu buchen, und das Visum ordnungsgemäß zu beantragen. Ich chattete mit Leuten auf Facebook, begrüßte neue schaulustige Mitarbeiter und ergötze mich an all dem, was das Leben eines gefälschten Tom Hanks so hergab.
Im 7/11 guckten die Verkäufer recht blöd, als sie mich erneut sahen. 
Doch irgendwie schienen sich alle an mich zu gewöhnen. Ich war eben, naja, ich.
Der Farang Khee Nok (zu deutsch im übertragenen Sinne: Westler, der von einem Vogel ausgeschissen wurde), und damit hatte ich keine Probleme. Zeitweise stand ich bei Aun, dem Security, am Air Asia Check-In Schalter, zeitweise saß ich auf Toilette. Der ganze Tagesablauf entwickelte sich zu einer Routine.
Mit den Coupons, die mir gegeben wurden, gönnte ich mir das thailändische Kantinenessen.
So verging auch der zweite ereignisreiche Tag wie im Nu.
Die Air Asia Box schloss, ich gönnte mir noch ein, zwei, acht Chang Bier und legte mich auf der unveränderten Metallbank des Vorabends nieder.
Das alles, dieses bloße sein an diesem Flughafen hatte eine unbeschreibliche Magie. Alles schien zu passen: die Atmosphäre, die Menschen, das Klima. Einfach alles.
Auf die Frage, warum ich denn nicht ins Flughafenhotel ginge konnte ich nur schlicht und einfach antworten;
"Weil es mir hier gefällt."
Und das tat es.
So sehr, dass mir der dritte Tag schon fast etwas Kummer bereitete. Die Bestätigung für das Visum kam, und der Flug war in trockenen Tüchern. Ich ging die üblichen Wege.
Wo am zweiten Tag noch blöd geguckt worden war, bekam ich nun ein Lächeln geschenkt.
Ich weiß nicht, was die verschiedensten Mitarbeiter der verschiedenen Läden von mir dachten, aber irgendwie hatte ich es geschafft in so kurzer Zeit ein Teil ihres Alltags zu werden.
Immerhin stattete ich ihnen mehrmals täglich Besuche ab.
Ich verabschiedete mich, wie ich es jedes mal getan hatte.

In der Box herrschte gute Stimmung, als ich ihnen die Botschaft meines "Erfolgs" übermittelte.
Ich hatte endlich das geschafft, was die meisten normalen Menschen schon nach dem ersten Anlauf geschafft hätten. Aber manchmal kommt mir meine naive Fahrlässigkeit wie ein Segen vor. Die besten Dinge sind aus ihr heraus entstanden. Dinge an die ich mich gern erinnere, und die ich gern festhalte. Dinge, die ich euch gern erzähle.

Aun begleitete mich zum Check-In Schalter, an dem dieselbe Frau saß, die mich 72 Stunden zuvor hatte abweisen müssen.
Mit gespielt stolzer Mine präsentierte ich ihr den Ausdruck meiner Visa-Bestätigung.
Gleichgültig händigte sie mir meinen Boarding-Pass aus und nahm mein Gepäck entgegen.
Als ich eingecheckt war lief ich noch ein mal zurück zu den Air-Asia Menschen und verabschiedete mich von ihnen.
Die Männer winkten, und die Frauen weinten, während ich mit glasigen Augen von dannen Schritt.
Problemlos kam ich durch die verschiedensten Kontrollen und schwuppdiwupp war es Zeit zum boarden.
Ich saß im Flieger, gekleidet wie der sommerlichste Sommertourist, und startete endlich in Richtung Hanoi.
Fassungslos über die Tatsache, dass meine Reise zum Flughafen insgesamt 4 Tage gedauert hat schaute ich sehnsüchtig auf ihn herab, während die Maschine höher und höher in den Himmel stieg, und konnte dabei nur an eines denken:

Wir sehen uns wieder, mein Schatz. Mein Heim. Mein Herz. Mein geliebter Flughafen...

Ich schlief ein, und so viel Freude mir die Zeit am Flughafen auch bereitet hatte, muss ich zugeben erleichtert gewesen zu sein, als ich sie endlich hinter mir lassen konnte.

Das nächste woran ich mich erinnere war ein heftiges Rütteln. Ich schreckte mit schwitzigen Händen und verklebten Augen auf und dachte, das Flugzeug würde abstürzen.
Dabei waren wir einfach nur gelandet, und ich hatte den Anflug verpennt. So eine Landung kann schon mal den härtesten Mann aus dem Konzept bringen, wenn sie einen aus dem Tiefschlaf reißt.

Das Wetter um mich herum war grau und trist. Fluglotsen und andere Arbeiter liefen in ihren Winterjacken herum und schwenkten irgendwelche leuchtenden Plastikschilder und taten dies und jenes.
Der Knackpunkt hier waren die Winterjacken.
Und die Atemwolken, die aus den verschiedensten Mündern stießen.
Ich saß da in meinem T-Shirt und schaute mir auf die Flip Flops.
Meine Füße konnte ich Gott sei Dank mit Leichtigkeit sehen, schließlich trug ich nur kurze Hosen.
Aber draußen trugen sie Winterjacken und schossen Atemwölkchen wie Projektile durch die Luft.
Welch freudige Überraschung.
Es war Februar und es hätte mir wirklich gut getan, mich vorher über die verschiedensten Jahreszeiten in den verschiedensten Regionen zu informieren, aber neeiiiiiin, mein jugendlicher Verstand sagte mir:
Ist es in Thailand warm, ist es auch in Vietnam warm! Ist ja eigentlich auch alles dasselbe Land!

Der Flieger rollte über die Landebahn und kam zum Stop, die Türen flogen auf.
Sich die Hände reibend verließen die deutlich dicker gekleideteren Passagiere nach und nach die Flugmaschine.
(die ach-so-schlauen und ach-so-tollen und gut vorbereiteten Passagiere)
Ich zeigte so viel nackte Haut, dass es mindestens noch zwei weitere Händepaare und einen Gorilla gebraucht hätte, um mich zu wärmen. Darum entschied ich mich dazu, die Zähne zusammenzubeißen.
Und die klirrten...

Ich folgte allen anderen, bis wir an den Immigrationsschalter kamen. Dort galt es noch einige Dokumente auszufüllen, und das Visum, das man selbstverständlich ordnungsgemäß beantragt hatte, wenn man denn hier gelandet war, zu bezahlen.
Ich holte mein Gepäck und verließ den Flughafen um eine zu rauchen.
Da stand ich, schnatternd und grübelnd, während sich mir das nächste Problem offenbarte:
Ich war drei verdammte Tage zu spät!
Was bedeutete das?
Das bedeutete: -
- dass der Abholservice fürs Seminar natürlich schon längst vorbei war. Das wahrscheinlich keiner von den fremden Menschen dort überhaupt irgendetwas von mir gehört hatte, geschweige denn damit rechneten, dass ich erschien. Dass ich keine Ahnung hatte wo es stattfand, und wie ich auf mich allein gestellt dort hin kommen sollte.
Ich wusste lediglich zwei Dinge. Erstens, dass ich nach Hua Bingh musste, oder wie auch immer man das Nest schreibt, und zweitens irgendwas mit Mhong.

Verzweifelt eierte ich umher und versuchte jemanden ausfindig zu machen, der der englischen Sprache mächtig war.
Nach einiger Zeit geriet ich dann an jemanden, der mir von einem Busbahnhof ganz in der Nähe berichtete. Ich weiß ehrlich gesagt auch gar nicht mehr, wie ich dorthin gelangte. Ob mit Taxi oder zu Fuß? Keine Ahnung. Aber ich kam irgendwann an, an diesem... "Busbahnhof".
Bauernhof hätte es eher getroffen.
Ein paar kleine, schäbige Busse standen dort herum. Mitten in der Pampa.
Hua Bing?
Hua Bingh!
Ich stieg in einen der vertrauenserweckenden Busse und setzte mich in die letzte Reihe. Langsam füllte er sich und es wurde wärmer. Zum Ticketpreis hatte mir niemand etwas gesagt. Ich saß einfach in dem Bus und hoffte, dass die Leute ebenso wenig mit mir zu tun haben wollten, wie ich mit ihnen. Natürlich gab es ehrfürchtige Blicke. Wie so oft war ich die einzige Langnase unter einem Haufen Asiaten, aber im Gegensatz zu Thailand fühlte ich mich fremd.
Das Fahrzeug setzte sich in Bewegung und mit ihm sämtliche Sitze.
Wackelnd und schaukelnd fuhren wir durch das graue Vietnam. Berge zogen vorbei, Reisfelder weiteten sich endlos in sämtliche Richtungen und ein Dorf nach dem anderen passierte die Fensterscheiben, bevor es dann wieder im Nebel verschwand.
Die Zeit verging und mit einem Kloß im Hals musste ich nach einer Stunde feststellen, dass es doch ziemlich gewagt gewesen war, einfach in einen Bus zu steigen, ohne vorher mit irgend jemandem Absprache zu halten.
Aber es war auch alles so verdammt schwierig ohne Internet, vor allem in einem Land, in dem kaum jemand Englisch sprach!
Schwierig, schwierig!

Einiges an Geld hatte ich bereits am Flughafen umgetauscht, und das war gut so, denn es näherte sich der Moment der Stunde:
Einer der Männer die vorne beim Fahrer saßen stand auf, und in der Hand hielt er etwas wie eine Dose, oder einen Gebetsteller oder was weiß ich.
Nach und nach streckten ihm die Fahrgäste verschiedenste Geldscheine hin. Mit meinem Sherlock Holmes-artigen Verstand schlussfolgerte ich, dass es wohl abhängig davon war, welche Strecke man in dem Bus zurücklegte. Nun hatte ich jedoch keine Ahnung, wo Hua Bingh war und unter welchen Tarif das fiel, also tat ich das einzig kluge, was man in der Situation hätte tun können.
Ich schmulte meinem Sitznachbarn auf die Finger und kramte einen Schein hervor, der seinem am ähnlichsten sah.

Unsere Blicke trafen sich - der Geldsammler und ich. Er nahm meinen Schein entgegen, ich blieb standhaft. Mit der Zunge feuchtete ich meine Lippen an, bereit etwas zu sagen, wenn es denn nötig wäre. Englische Wörter schossen mir durch den Kopf, mit dessen hochgradiger Schwierigkeit und Komplexität ich meinen Gegenüber jederzeit hätte entwaffnen können, wenn er es darauf anlegen sollte.
Ihm stand der Schweiß auf der Stirn, obgleich die Kälte des Wetters ihm eine Gänsehaut verpasste. Er schmatzte, doch sein Mund war zu trocken, um etwas zu sagen. Zu selbstsicher war mein Gesichtsausdruck, zu minimal seine Sprachkenntnisse. Die Leute um uns herum schwiegen, als die chinesische Digitaluhr eines Passagiers Mittag schlug.
Tüüt Tüüt T-tüt! Tüüt Tüüt T-tüt!
In Windeseile und mit der Präzision einer Katze steckte ich meine Geldbörse ein. Mein Gegner zuckte beim bloßen Anblick meiner Schnelligkeit und stolperte rückwärts durch den Gang zu seinem Platz, die Augen vor Überraschung noch immer starr auf mich gerichtet. Er sackte leblos in sich zusammen. Ein Lächeln umspielte meine Mundwinkel und ein Raunen ging durch den Bus.
Heute zockst du mich nicht ab, Amigo
Die Menge begann zu toben, während ich mir den Rest Bakterien von der Fingerkuppe pustete.
Ich spürte wie sie mich ergriffen und in die Lüfte hoben.
Dann schmiss mich der Mob gemeinsam aus dem Bus.

Ich war in Hua Bingh gelandet. Schon mal ein Anfang.
Abermals eierte ich herum und suchte jemanden, mit dem ich mich verständigen konnte.
Mhong? Museum? Mhong?
Der ältere Mann, dem ich all diese qualifizierten Fragen stellte lachte und drehte sich um seine eigene Achse.
Mhong! 
Er deutete mit seinen Armen auf alles in der Umgebung.
Alles ist Mhong, du Idiot! musste er sich gedacht haben.

Wikipedia leitet den Begriff Hmong (ja so wird es eigentlich geschrieben) wie folgt ein:

"Die Hmong (viet. Mẹo) sind ein indigenes Volk Südostasiens. Sie leben hauptsächlich in den bewaldeten Berggebieten des südlichen China (Provinzen GuizhouSichuanYunnan und das Autonome Gebiet Guangxi), LaosVietnam und Thailand. In China sind sie der übergreifenden Miao-Nationalität zugeordnet, die über neun Millionen Menschen zählt."

Es war so, als wäre ich nach Berlin gefahren und hätte jede einzelne Person gefragt:
"Berliner???"

Der Mann wirkte sichtlich angestrengt.
Er holte sein Handy hervor, machte ein Telefonat und reichte die Person am anderen Ende dann an mich weiter. Und tatsächlich konnte diese Person etwas englisch sprechen. Nicht viel, aber um einiges mehr als die anderen. Ich erklärte ihr, dass ich für ein Seminar hier war, dass bereits seit drei Tagen begonnen hatte, und wohl in irgendein Museum müsse... Selber wusste ich es schließlich auch nicht besser.
Sie entgegnete mir nur:
"Alles ist Hmong, und es gibt tausende Museen."
Schöne Scheiße.
Ich reichte sie wieder zurück an den Herren und sie unterhielten sich noch eine kleine Weile, während ich dastand, und die Kälte genoss.
Verloren in Vietnam.
Irgendwie geil.

Der alte kam zu mir und drückte mir einen Motorrad Helm in die Hand. Dann deutete er auf sein Moped. Ohne weiteres stieg ich auf und hielt es für am sinnvollsten, nichts zu hinterfragen.
Was blieb mir auch anderes übrig?
Es begann eine weitere Fahrt durch die Berge, bei der es mir mit jeder Sekunde so vorkam als würden wir uns sogar NOCH mehr von der Zivilisation entfernen, als wir überhaupt schon waren.
Kleine Dörfer, kleine Hütten, dann wieder nichts außer kurvige Bergstraße und Felder.
So verging eine knappe weitere Stunde.
Die kalte Fahrtluft umgarnte mich und rasierte mir die Beine.
TÖTE MICH! wollte ich gerade schreien -
doch dann, wie aus dem nichts, hielt der Mann an. Neben uns befand sich ein Gebäudekomplex aus altem Holz, gebaut auf Stelzen unter denen allerhand Kram, wie Webstühle und andere Instrumente standen.
Eine Frau kam mit kleinen Schritten die Treppe runter.
Und ich schwöre euch, ich habe KEINE Ahnung, wie der alte Mann es finden konnte, wie er mich sicher hinbringen konnte, aber als die Frau mich fragte "Bist du Roger?", wusste ich, dass ich es auf erstaunliche Weise geschafft hatte.
Der Tag war wieder einmal gerettet.
Es stellte sich heraus, dass mein Mopedfahrer wohl so etwas wie ein Taxifahrer war. Aber wie er es geschafft hat, mich heil und sicher ans Ziel zu bringen, wird für immer ein Rätsel bleiben.
Puh.

Also bis hier hin ist der Blog Eintrag schon ziemlich lang, aber es kommt nicht mehr sehr viel, also gehen wir doch die Extra Meile zusammen, oder?
Jetzt wäre vielleicht der richtige Moment für eine Kaffeepause. Oder eine Pinkelpause.
Ich werde mich von jetzt an versuchen etwas kürzer zu schließen, ok?
Ok.
Also -

die Leute auf dem Seminar waren ziemlich cool. Alles waren von Weltwärts versandte Deutsche, was die Kommunikation natürlich etwas leichter machte, wenn wir unter uns waren und sprachen - die Seminarleiter hingegen waren jedoch Vietnamesen, und so fanden sämtliche Besprechungen auf englisch statt.
Es war eine schöne Zeit in der viel Denkwürdiges passiert ist. Zum Beispiel der Tag, an dem wir gemeinsam durch die Berge wanderten und ich nur Flip Flops anhatte. Oder wir mit irgendwelchen Dorfbewohnern Volleyball spielten und richtig mies abgezockt wurden.
Auch das Essen war gut und da wir im Museum hausten lernte ich viel über die Hmong Kultur, was ich dann bis heute langsam und gemächlich Stück für Stück vergessen konnte.
Aber, aber, denkt sich der Leser. Bei einer so vielschichtigen und interessanten Reise, wo sind da die Bilder?
Die Bilder sind logischerweise auf meiner Kamera.
Die Frage ist folgende:
Wo ist meine Kamera?

Es begann mit der letzten Nacht in Hanoi. Das für mich nun etwas verkürzte Seminar kam zum Ende, und so entschied ich mich noch eine letzte Partynacht mit meinen neu gewonnenen Freunden in Hanoi zu verbringen, bevor am nächsten morgen (um 8!!!) mein Flug zurück nach Bangkok ging.
Es startete auch alles ganz normal - und zwar mit einem Bier Büffet und gratis Shots im Backpacker Hostel.
Freibier bis 22:00, dazwischen Tequila Shots zu jeder vollen Stunde. Oder jede halbe Stunde. Aber das spielt ja keine Rolle. Ich war im Paradies.
Die Shots wurden wie folgt eingenommen:
Man ging zur Bar, lehnte sich rückwärts auf den Tresen, der Barman streute einem Salz ins Maul, kippte zwei Shots gleichzeitig hinein, presste eine Zitronenhälfte aus und befahl einem dann aufzustehen und das ganze mit schwingenden Kopfbewegungen zu vermischen.
An der Steinwand hinter ihm war mit Edding eine ellenlange Liste verschiedener Länder geschrieben worden, hinter denen dann Striche für die jeweiligen Landsmänner und Helden gemacht wurden, die sich mit Shots im wahrsten Sinne abschossen.
Hatte man das Zeug also geschluckt fragte der Barmann aus welchem Land man kam und machte einen Strich.
Australien führte.
Ich meldete mich für Thailand. Der Barmann nahm den Stift und schrieb Thailand ganz unten in die Liste. Dahinter machte er die ersten zwei Striche und ich war stolz.
Dieser Auftakt endete selbstredend nicht gut.

Meine neuen Freunde und ich zogen noch um die Häuser, und um ehrlich zu sein ist der Rest wirklich ziemlich verschwommen. Ich erinnere mich nur, dass wir zurück ins Hostel kamen, als die Stadt düster und leer war. Wie ausgestorben. Sämtliche Rolläden waren unten, es war totenstill und keine Menschenseele befand sich mehr auf der Straße.
Ich bekam tierischen Suffhunger.
Am Empfangsschalter des Hostels fragte ich, ob er mich noch einmal hinauslassen könnte.
"Auf eigene Gefahr" sagte er, öffnete das Gitter, entsperrte das Schloss, sprengte die Metalltür und entließ mich in eine Welt, die der von Dark Souls Konkurrenz machte.

Orientierungslos irrte ich umher, doch alles was ich sah war geschlossen. Irgendwo musste es doch ein verflixtes Restaurant geben! Es war beinahe wie blinde Kuh spielen - mit zwei Leuten in einem Fußballstadion.
Ich fand eine Gruppe Polizisten, oder zumindest habe ich sie als welche in Erinnerung, die an einer Straßenecke standen und recht dubios aussahen, aber auch die konnten wir nicht helfen.
Schritt für Schritt und mit knurrendem Magen suchte ich verzweifelt nach einem nächtlichen Restaurant, wie man sie zuhauf in Thailand fand. Oder einen 7/11.
(Der einzige Laden der einem 7/11 ähnlich war, war ein gefälschter und geschlossener Laden namens 11/7)
Erfolglos. Alles erfolglos.
Doch dann, oh Wunder hielt ein Moped direkt neben mir und erhellte die Straße. Ich fauchte und schärfte meine Klauen, als das Scheinwerferlicht auf mich fiel. Auf dem Moped saßen zwei mittelalte Frauen.
"Wonach suchst du? Hast du dich verlaufen?"
"Essen!"
"Es ist schwer um die Uhrzeit etwas zu essen zu finden, aber wir kennen da was. Komm, steig auf!"
Und wisst ihr, es gibt gewisse Sachen die einem erst später auffallen und die man anschließend bereut.
Ohne zu hinterfragen setzte ich mich in die Mitte zwischen die beiden, den Rucksack hinten über beide Schultern hängend.
Fehler.
Wie sie mich versucht haben abzulenken, während hinter mir die Tasche leergeräumt wurde,
das alles merkte ich und merkte es irgendwie auch nicht.
Sagen wir es so, ich hatte ein mulmiges Gefühl, hätte es den beiden aber nicht zugetraut mich so eiskalt zu bestehlen.
Von Asiaten war ich schließlich bisher nur die sehr zuvorkommende und höfliche thailändische Art gewöhnt.
Aber das hier, Leute, das hier war Nam!
Irgendwann hatte ich den Braten gerochen, und als sie mich bei einem geöffneten Straßenrestaurant absetzten (Props dafür), kam mir wieder einer meiner Sherlock Holmes-artigen Gedankenblitze.
Zeit schinden.
Du musst Zeit schinden, Tiger.
Meine Geldbörse hatte ich an mir in meiner Hosentasche. Check.
Was haben sie von dir genommen?
Bleib am Ball!
"Ihr zwei, ich bedanke mich ganz herzlich fürs Fahren und würde euch gerne noch kurz auf einen Teller Reis einladen"
Nur so hätte ich genug Zeit um sie zur Rede zu stellen. Nur so kann ich mir mein Eigentum zurück ergaunern. Spiel ein Spiel mit ihnen. umgedrehte Psychologie. Lass die Jäger zu den gejagten werden... verwickel sie in ein Gespräch und schlag zu, wenn sie es am wenigsten erwarten!

"Nein danke!", antwortete eine der beiden und gab Gas.

Mein Plan schmolz dahin wie eine chinesische Digitaluhr in der Sonne.
Taumelnd setzte ich mich auf einen Stuhl, bestellte mein Essen und glotzte in meinen Rucksack. Natürlich hatten sie das einzige genommen, das mir wirklich am Herzen lag. Meine Kamera mit allen Bildern... Thailand, Vietnam,,, alles weg. Futsch. Puff! Verschwunden!
Sie hatten einen Teil meiner Erinnerungen gestohlen, mit dem ich mich heute vermutlich noch an ein oder zwei mehr Details erinnern könnte. Aber hey, dafür haben sie im selben Moment eine neue Erinnerung generiert, mit der ich euch heute hoffentlich etwas unterhalten konnte.

So ärgerlich das auch gewesen sein mag, und so ärgerlich uns manche Dinge auch vorkommen mögen - diese Ereignisse, ob positiv oder negativ, sind alles Zutaten die diesem Blog die nötige Würze verleihen, die er braucht um zu existieren.
Ansonsten hätte ich ja nix zu erzählen und DAS wäre ja nun wirklich schlimm.
Und eins muss man ihnen auch lassen, den diebischen Elstern: sie haben mich wie versprochen an einem Restaurant raus gelassen.
Ich bekämpfte meinen Hunger und fand irgendwie allein zurück ins Hostel. Geschlagen legte ich mich ins Bett, während die Leute um mich herum bereits schnarchten. Zwei Stunden später klingelte der Wecker  und signalisierte mir, dass es Zeit war Vietnam zu verlassen.
Dass es Zeit war heimzukehren.